Die „Nische“, die uns alle treffen kann
Digitale Barrierefreiheit geht uns alle an, wie ist es damit in Österreich bestellt? 14 bis 25 % der Gesellschaft sind von einer Behinderung getroffen, trotzdem ist digitale Barrierefreiheit ist noch immer nicht selbstverständlich. Die Österreichische Computer Gesellschaft (OCG) und der Verband Österreichischer Software Innovationen (VÖSI) mit VÖSI-Accessibility in ICT luden am 27. September 2023 zum Branchentalk in die Wollzeile im 1. Wiener Bezirk.
„Raus aus dem Schrebergarten und hin zu einem starken gemeinsamen Netzwerk für digitale Barrierefreiheit“ – dafür sprachen sich OCG-Präsident Thomas Mück und VÖSI-Generalsekretär Max Höfferer aus.
Warum Barrierefreiheit noch immer als Nischenthema gesehen wird, ist den Teilnehmer*innen des ersten Roundtables wenig verständlich: „Wenn ich Eigentümer einer Firma bin und ein Mitarbeiter ignoriert einfach 14-25% der Kund*innen, würde ich die Person, die das tut gleich rausschmeißen“, so Klaus Miesenberger von der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz und Leiter des OCG Arbeitskreises Barrierefreiheit durch IKT. Ab Juni 2025 müssen laut neuem österreichischen Barrierefreiheitsgesetz digitale Angebote barrierefrei sein. Miesenberger stellte das neue EU Accessibility Ressource Center und seine Aufgaben vor. Danach wurde eifrig unter Leitung von Martin Szelgrad, Report Verlag, diskutiert.
„Wir fliegen zum Mond – warum kriegen wir das mit der Barrierefreiheit nicht hin?“, fragt sich Miesenberger. Obwohl es gerade dank der Digitalisierung viele Möglichkeiten gäbe, Informationen für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen zugänglich zu machen, ist Barrierefreiheit noch immer ein Randthema, dabei betrifft es uns früher oder später alle:
Klaus Höckner, von der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreich, erklärte es drastisch: „Wenn wir nicht vorher sterben, ist es hoch wahrscheinlich, dass wir im Alter an einer Behinderung leiden. Digitale Barrierefreiheit geht uns daher alle an und wir müssen das Bewusstsein dafür heben und Maßnahmen setzen.“
Awareness erzeugen
Wilfried Kainz, Forschungsleiter bei Zero Project, stellte die Tätigkeiten der global aktiven Organisation, die es sich u.a. zum Ziel gesetzt hat bewährte soziale Innovationen zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen zu fördern, vor und konnte stolz berichten, dass die Website mit dem WACA Zertifikat AA zertifiziert wurde.
Fazit der ersten Gesprächsrunde war, gemeinsam die Aufmerksamkeit für die Notwendigkeit und für Lösungen zu erhöhen und schon in den Schulen, FHs und Unis zu informieren und auszubilden.
Im zweiten Roundtable sprachen Werner Rosenberger, Projektleiter WACA, Andreas Sackl, AIT, Lisa Weishäupl, UX Designerin für REWE und Elisabeth Reitermayer vom Bundesrechenzentrum über Erfahrungen und Best Practice zu digitaler Barrierefreiheit.
„Gutes Design und Barrierefreiheit gehen oft Hand in Hand“, erklärte Weishäupl. Im Entwicklerteam werde bereits bei der Rekrutierung darauf geachtet, ob ein*e Bewerber*in Kenntnisse im Bereich digitale Barrierefreiheit habe.
Werner Rosenberger berichtete, dass bereits rund 100 Unternehmen in Österreich das WACA Web Accessibility Certificate haben. Mit Innovationen wie #OptiVID (Videoplayer für Sehbeeinträchtigte) des AIT Austrian Institute of Technology GmbH entwickelt in Kooperation mit der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs und VIDEBIS GmbH kann vielen Menschen geholfen werden.
Hier geht es zum Flickr Fotoalbum des Events.
Alle Fotos von Irina Scheitz/OCG